Ansicht eines Fotos aus der NS-Zeit mit Fahnenträgern, dazu Hinweis zu Projekt IDOHIST.
HAIT
Ansicht eines Fotos aus der NS-Zeit mit Fahnenträgern und Hinweis zu Projekt IDOHIST.
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Digitale Dokumentation macht Forschungsergebnisse zum Nationalsozialismus in Dresden transparent

Ein Forschungsprojekt der Professur Computergrafik an der HTWD zusammen mit dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung entwickelt eine innovative Methode zur digitalen Dokumentation geschichtswissenschaftlicher Argumentation am Fallbeispiel der Stätten nationalsozialistischer Institutionen in Dresden.

Das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V. an der TU Dresden (HAIT) und die Professur für Computergrafik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTWD) erforschen einen neuartigen Ansatz zur Dokumentation geschichtswissenschaftlicher Forschung. Am Fallbeispiel der Kartierung von Orten nationalsozialistischer Herrschaft in Dresden wird eine digitale Infrastruktur zur Dokumentation von historischen Daten (IDOHIST) entwickelt. Mit ihrer Hilfe wird sich zukünftig für jede auf der Karte vermerkte Stätte genau nachvollziehen lassen können, welche Quelle und welche geschichtswissenschaftliche Überlegung der Vorortung zugrundeliegen. Innovativ dabei ist, dass auch Unsicherheiten und als unzutreffend verworfene Überlegungen dokumentiert werden. Damit können Forschungsergebnisse erstmals über den Dreiklang Quelle – Argumentation – Ergebnis digital erfasst und mit verschiedenen relevanten Parametern (wie z. B. Datierung, Grad der Unsicherheit) auf einer Karte visualisiert werden.

„Das Fallbeispiel der Geschäftsstellen der bis zu 90 Ortsgruppen der nationalsozialistischen Partei in Dresden zeigt die besonderen Schwierigkeiten, wenn es darum geht, auf einem Stadtplan einzuzeichnen, wann und wo genau z.B. die NSDAP in Blasewitz tätig war: In den Archiven liegen dazu keine Unterlagen, denn in den letzten Kriegsmonaten wurden Akten teils absichtlich vernichtet, teils sind sie durch die Kriegsschäden verloren gegangen. Jedoch sind andere Quellen, wie die Tageszeitungen von damals, erhalten geblieben. Aus ihnen lassen sich solche Sachverhalte rekonstruieren. Dank dieses neuen Ansatzes werden zukünftig Arbeitsweisen der Geschichtswissenschaften, insbesondere die Herleitung und Überlegungen für jeden Punkt auf der Karte offengelegt und nachvollziehbar. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um geschichtsrevisionistischen Bestrebungen, wie dem in Dresden verbreiteten Mythos der ‘unschuldigen Stadt’ fundiert zu begegnen.“, erläutert Projektleiterin Dr. Anne Klammt. Das Fallbeispiel ist von besonderer gesellschaftlicher Relevanz, da die historische Forschung zur NS-Herrschaft von rechtsextremen und demokratiefeindlichen Gruppen immer wieder angegriffen und die Ergebnisse in Abrede gestellt werden. 

Diktaturforschung verknüpft sich mit Dokumentations-Infrastrukturen

Das Projekt setzt die an der HTWD zusammen mit der DDU (Digital Design Unit) der TU Darmstadt entwickelte Infrastruktur IDOVIR und die laufenden Forschungen des HAIT zum Schwerpunkt „Sachsen im Nationalsozialismus“ fort. Es greift auf die umfangreiche Datenbank des HAIT zur NS-Tageszeitung „Der Freiheitskampf“ zurück. Damit werden Kompetenzen der HTWD im Bereich digitale Medien und Dokumentations-Infrastrukturen und des HAIT im Forschungsfeld Diktaturforschung und dem Bereich Digital Humanities gebündelt und für neue Arten der Wissensvermittlung zusammengeschlossen.

Die Leitung des Forschungsprojekts liegt an der HTWD bei Professor Markus Wacker und am HAIT bei Dr. Anne Klammt zusammen mit Dr. Francesca Weil. Das Projekt hat sich in einem wettbewerblichen Verfahren gegen rund 300 Einreichungen zusammen mit vier weiteren Vorhaben aus den Natur- und Lebenswissenschaften zur Förderung durch das Sächsische Ministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK) durchgesetzt. Die Gesamtfördersumme von 440.000 € ermöglicht die Finanzierung für eine drei Jahre umfassende Laufzeit.

Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung  (HAIT)

Das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung ist ein An-Institut der TU Dresden und wurde 1993 auf Beschluss des Sächsischen Landtags gegründet. Seine Forschung ist der vergleichenden Analyse von Diktaturen gewidmet. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Strukturen des Nationalsozialismus und des Kommunismus sowie den Voraussetzungen und Folgen beider Weltanschauungsdiktaturen. Ein weiteres Arbeitsfeld befasst sich mit den Herausforderungen und Gefährdungen der Demokratie durch autokratische und fundamentalistische Regime sowie durch extremistische, rassistische und antisemitische Einstellungen. Seit 2023 sind die Digital Humanities als Querschnittsbereich zur Anwendung und Entwicklung innovativer digitaler Methoden etabliert.
 

Kontakt 

Dr. Anne Klammt

anne.klammt(at)mailbox.tu-dresden.de

Dr. Francesca Weil

francesca.weil(at)mailbox.tu-dresden.de
 

Professur Computergrafik an der HTWD
 
Prof. Dr. Markus Wacker hat die Professur Computergrafik an der HTWD seit 2004. Die Forschungsschwerpunkte seiner Forschungsgruppe DREMATRIX bilden digitaler Bewegungsaufnahme und -analyse, museale Medienstationen und Dokumentation von Entscheidungsprozessen. Zahlreiche Forschungsveröffentlichungen auf renommierten Konferenzen, viele Museumsinstallation in Museen der Staatlichen Kunstsammlungen, dem Verkehrsmuseum, dem Astronomisch Physikalischen Kabinett der Museumslandschaft Hessen/Kassel zeigen die erfolgreichen Aktivitäten der Gruppe . Sehr aktiv wird von der DREMATRIX-Gruppe die Dokumentation von Paradaten (Daten zur Genese von Entscheidungen) vorangetrieben und in vielen Wissenschaftbereichen bekannt gemacht.

Zum Projekt IDOHIST

Weitere Dokumente/ Antragsformulare finden Sie hier: https://www.htw-dresden.de/news

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